Verdeckte Medikamentengabe ist eine Zwangsmaßnahme

Betreuungsrecht

Eine ärztliche Zwangsmaßnahme (§ 1906 Abs. 3 S. 1 BGB) ist nur im Rahmen einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB zulässig. Die ärztliche Zwangsmaßnahme darf nur in einem Krankenhaus erfolgen.

Die verdeckte Gabe von Medikamenten - vorliegend sollten nach Antrag des Betreuers Medikamente unter das Essen des Betreuten gemischt werden - ist eine ärztliche Zwangsmaßnahme. Auch hier wird der natürliche Wille des Betreuten überwunden.

Hierzu führte das Gericht aus:

1. Vorliegen einer ärztlichen Zwangsmaßnahme

Zutreffend hat das Amtsgericht die vom Beteiligten zu 3. als Betreuer angestrebte verdeckte Gabe von Medikamenten als eine ärztliche Zwangsmaßnahme im Sinne von § 1906 Abs. 3 Satz 1 BGB angesehen. Eine solche ärztliche Zwangsmaßnahme liegt nämlich nach der gesetzlichen Definition nur dann vor, wenn sie dem natürlichen Willen des Betreuten widerspricht. Als ärztliche Maßnahmen kommen dabei diejenigen nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB in Betracht, mithin eine Untersuchung des Gesundheitszustandes, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff. Hier geht es um eine geplante Heilbehandlung mit verschiedenen Medikamenten, die zum Teil wegen der organischen Erkrankungen und zum Teil wegen der psychischen Erkrankung des Beteiligten zu 1. verabreicht werden sollen. In diesem Zusammenhang wird auf die bereits erwähnte Medikamentenliste des Wohn- und Pflegezentrums B. in G. vom 09.10.2013 Bezug genommen. An dem Charakter einer Zwangsmaßnahme ändert sich auch dadurch nichts, dass die Medikamente nach dem Antrag des Beteiligten zu 3. unter das Essen gemischt werden sollen und somit für den Betroffenen verborgen verabreicht werden sollen.

Das Amtsgericht geht insoweit zutreffend davon aus, dass auch bei dieser Art der Medikamentenverabreichung der natürliche Wille des Betreuten überwunden wird.

Der Beteiligte zu 1. hat sich in der amtsgerichtlichen Anhörung vom 10.12.2013 eindeutig dahingehend geäußert, er wolle die Medikamente nicht einnehmen. Früher habe er einmal einen Arzt gehabt, bei dem habe er alles genommen, was dieser ihm verordnet habe. Dieser Arzt sei allerdings tot. Was er nun nehmen solle, brauche er gar nicht wirklich. Lediglich das wegen seines Diabetes ihm verabreichte Insulin war der Betroffene bereit, sich spritzen zu lassen. Insoweit läge nur bezogen auf dieses Medikament eine ärztliche Zwangsmaßnahme nicht vor.

Bezogen auf die übrigen Medikamente liegt eine Einwilligung des Beteiligten zu 1. in deren Verabreichung jedoch nicht vor. Der Beteiligte zu 1. hat nämlich in der amtsrichterlichen Anhörung lediglich für den Fall, dass er aufgrund der Nichteinnahme von Medikamenten bewusstlos werde, einer Verabreichung der Medikamente zugestimmt. Wenn er es nicht merke, habe er nichts dagegen, dass er etwas bekomme. Dieses Einverständnis bezieht sich aber dem zitierten Wortlaut gemäß lediglich auf den Fall seiner Bewusstlosigkeit und nicht auch auf den Plan des Beteiligten zu 3., ihm die Medikamente „heimlich“ verabreichen zu lassen.

Der Auffassung des Amtsgerichts, die Überwindung des natürlichen Willens des Betreuten durch Anwendung einer List sei der Ausübung unmittelbaren körperlichen Zwangs gleichzusetzen, schließt sich die Kammer an.

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