Wann kann ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet werden?

Betreuungsrecht

Der Einwilligungsvorbehalt ist eine spezielle Anordnung des Betreuungsgerichtes, die zusätzlich zu einer Betreuerbestellung erfolgen kann. Mit dem Einwilligungsvorbehalt wird die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen einschränkt.

Durch den Einwilligungsvorbehalt erlangt der Betreute in dem Aufgabenkreis, auf den der Einwilligungsvorbehalt sich erstreckt, die Stellung eines beschränkt Geschäftsfähigen (§§ 108 ff BGB). Er ist insoweit also einem Kind zwischen 7 und 18 Jahren gleichgestellt.

Welche Voraussetzungen müssen vorliegen?

Für eine Anordnung müssen zunächst einmal die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

1. Für den Aufgabenbereich, für den der Einwilligungsvorbehalt angeordnet werden soll, muss eine Betreuung bestehen.

2. Der Einwilligungsvorbehalt muss erforderlich sein, um eine erhebliche Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten abzuwenden.

Personengefahr

Eine erhebliche Personengefahr kommt meist dann in Betracht, wenn der Betreute es ablehnt, bestimmte Geschäfte zu tätigen, die für seine Gesundheit wichtig sind.

Beispiele aus der Praxis:
  • Der Betreute lehnt es aus krankhaftem Geiz ab, Heizmaterial zu kaufen.
  • Der an einer paranoiden Schizophrenie leidende Betreute kündigt Strom und Wasser, weil er glaubt, dadurch vergiftet zu werden.
  • Der Betreute ist nicht bereit, Verträge mit Ärzten oder Heimen abzuschließen und kündigt die vom Betreuer geschlossenen Verträge sofort wieder.

Vermögensgefahr

Eine erhebliche Vermögensgefahr liegt dann vor, wenn der Betreute Ausgaben tätigt, die mit seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht zu vereinbaren sind, so dass Vermögensverfall droht. Sind allerdings genügend finanzielle Mittel vorhanden, darf der Betreuer nicht ohne Weiteres seine eigene Bewertung dessen, was vernünftig ist und was nicht, durchsetzen. Vielmehr ist es dem Betreuten durchaus erlaubt, nach seinen eigenen Vorstellungen zu leben und über seine Mittel entsprechend zu verfügen. Dies hat aber dann seine Grenzen, wenn der Betreute Teile seines Einkommens oder Vermögens verschleudern oder für schlechterdings unsinnige Dinge ausgeben möchte.

Beispiele aus der Praxis:
  • Der Betreute, der von Sozialhilfe lebt und nur geringfügige Ersparnisse besitzt, kauft einen Pkw.
  • Der minderbegabte Betreute schafft teure wissenschaftliche Werke an.
  • Der vermögenslose Betreute gibt erhebliche Beträge aus, um über Partneragenturen Partnerinnen zu finden.
  • Der nicht unvermögende Betreute verteilt wahllos größere Geldbeträge an ihm Unbekannte.
Der Einwilligungsvorbehalt ist nicht erforderlich, wenn der Betreute in der Vergangenheit kein selbstschädigendes Verhalten gezeigt hat oder wenn nach seinem Erscheinungsbild davon ausgegangen werden kann, dass es dazu nicht kommen wird.

Beispiele aus der Praxis:
  • Der im Heim lebende Betreute ist bisher stets mit seinem Taschengeld ausgekommen und hat noch nie Interesse an finanziellen Dingen gezeigt.
  • Der schwerbehinderte Betreute ist körperlich oder geistig gar nicht in der Lage, ein Rechtsgeschäft zu tätigen.
Der Einwilligungsvorbehalt ist auch dann nicht erforderlich, wenn weniger einschneidende Maßnahmen zur Gefahrenabwehr ausreichen.

Beispiele aus der Praxis:
  • Der Betreute ist damit einverstanden, dass nur der Betreuer über seine Konten verfügen kann und ihm regelmäßig einen bestimmten Geldbetrag zur freien Verfügung überlässt.
  • Der Betreute, der regelmäßig sehr teure Telefonate mit Telefonsexanbietern geführt hat, ist mit der Installation eines Münzfernsprechers einverstanden.
Der Einwilligungsvorbehalt darf nicht weiter gehen, als die Gefahrenabwehr es erfordert.

Erstreckt sich etwa die Betreuung auf den Bereich der Vermögensangelegenheiten insgesamt und besteht die Vermögensgefährdung ausschließlich darin, dass der Betreute die zur Klärung einer Erbschafts- oder Rentenangelegenheit notwendigen Schritte nicht unternimmt, so muss der Einwilligungsvorbehalt darauf beschränkt werden.

Letzte Änderung: 20.08.2023

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