Wie muss sich der Arbeitgeber bei der Auswahl eines Bewerbers verhalten?

Arbeitsrecht

Die Auswahl des geeigneten Bewerbers ist ein kritischer Schritt im Einstellungsprozess, der für Arbeitgeber rechtliche Herausforderungen birgt. Zum einen muss sich der Arbeitgeber im Rahmen des Auswahlverfahrens korrekt so verhalten, dass die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben sichergestellt ist und zum anderen muss er sein Informationsbedürfnis befriedigen können.

Zulässige Fragen im Vorstellungsgespräch

In Vorstellungsgesprächen stehen Arbeitgeber vor der Herausforderung, relevante Informationen zu sammeln, ohne dabei in rechtlich problematische Gewässer zu geraten. Eine zentrale Fragestellung hierbei ist, welche Fragen im Rahmen eines Vorstellungsgesprächs zulässig sind.

Arbeitgeber dürfen nur Fragen stellen, die einen Bezug zur ausgeschriebenen Stelle haben. Zum Beispiel sind allgemeine Fragen zu Vorstrafen oder Krankheiten unzulässig, es sei denn, sie haben direkten Einfluss auf die Qualifikation für die Position.

Es ist in jedem Fall das AGG zu beachten - Fragen aus dem persönlichen Lebensumfeld des Bewerbers können durchaus ein Diskriminierungsmerkmal nach § 1 AGG erfüllen. Daher sollten solche Gespräche diskriminierungsfrei und nie alleine geführt und umfassend dokumentiert werden.

Wird ein Personalfragebogen verwendet und ist im Betrieb ein Betriebsrat vorhanden, so bedarf der Personalfragebogen gemäß § 94 Abs. 1 BetrVG dessen Zustimmung.

Die Beantwortung einer zulässigen Frage mit einer Lüge berechtigt den Arbeitgeber zur Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung, wenn die Täuschung für den Vertragsabschluss ursächlich war. Der Bewerber darf unzulässige Fragen und Fragen, die ein Merkmal des § 1 AGG betreffen, jedoch folgenlos wahrheitswidrig beantworten.

Tests und Einstellungsuntersuchungen

In der Phase der Bewerberauswahl nutzen Personalverantwortliche verschiedene Tests, um einen umfassenden Eindruck von den Bewerbern zu erhalten. Zulässige Tests dienen dazu, die Eignung und Qualifikationen der Kandidaten im Hinblick auf die ausgeschriebene Stelle zu überprüfen. Psychologische Tests und Eignungsuntersuchungen erfordern die ausdrückliche Einwilligung des Bewerbers und müssen sich auf die Ermittlung arbeitsplatzbezogener Daten beschränken und verhältnismäßig sein.

Einstellungstests beinhalten typischerweise Fragen zu Kultur, Wirtschaft, Sport, Kunst oder Politik.

Eignungstests fokussieren sich darauf, ob die Fähigkeiten und Kenntnisse des Bewerbers zur ausgeschriebenen Position passen.

Persönlichkeitstests sollten den Arbeitgeber dabei unterstützten, den Charakter der Bewerber besser zu verstehen.

Kognitive Tests richten sich in der Regel nach den konkreten Anforderungen für die ausgeschriebene Stelle.

Leistungstests ermöglichen es beispielsweise die Fitness oder Ausdauer der Bewerber überprüfen.
Es besteht keine allgemeine Pflicht, sich einer solchen Untersuchung zu unterziehen, es sei denn, gesetzliche Bestimmungen erfordern dies. Nur in bestimmten Fällen, wie bei Berufen mit besonderer Verantwortung, kann eine Untersuchung verlangt werden.

Grafologische Gutachten erfordern ebenfalls die Einwilligung des Bewerbers. Die Frage nach der Vorlage eines handschriftlichen Lebenslaufs wirft jedoch Unsicherheiten auf, ob diese als Einwilligung zur Einholung eines grafologischen Gutachtens gilt, wobei ein handschriftlicher Lebenslauf in der Praxis wohl kaum noch vorkommen dürfte.

Ärztliche Untersuchungen sind zulässig, sofern die Kosten vom Arbeitgeber getragen werden. Der untersuchende Arzt darf dem Arbeitgeber lediglich Mitteilung über die Eignung geben, jedoch keine Diagnose stellen.

Eine besondere Untersuchungspflicht besteht bei jugendlichen Arbeitnehmern.

Genanalysen sind dagegen nicht zulässig und dürfen nicht vom Bewerber verlangt werden.

Hiervon abzugrenzen sind arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen zu denen der Arbeitgeber nach der Arbeitsmedizinischen Vorsorge-Verordnung (ArbMedVV) auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung verpflichtet sein kann.

In wenigen weiteren Fällen ist eine Untersuchung gesetzlich vorgeschrieben (z.B. bei Jugendlichen und Beamten).

Einholung von Auskünften

Arbeitgeber versuchen oft, Informationen über Bewerber zu erhalten. Während das Arbeitszeugnis eigentlich dazu dient, authentische Informationen bereitzustellen, sind viele Zeugnisse im Hinblick auf die Note oft wenig aussagekräftig.

Sollen ergänzend Auskünfte beim alten Arbeitgeber direkt eingeholt werden, so ist hierfür die Zustimmung des Bewerbers erforderlich.

Im Zuge der Digitalisierung des Alltags und des Berufslebens haben sich auch sogenannte Social-Media Checks etabliert, bei denen zum einen die beruflichen aber auch die privaten Profile von Bewerbern unter die Lupe genommen werden.

Bei den so erhobenen Informationen handelt es sich um personenbezogene Daten. Diese dürfen nur genutzt werden, wenn es für die Entscheidung für oder gegen den Bewerber erforderlich ist.

Über Social-Media-Checks muss zudem grundsätzlich informiert werden, wenn daraus Daten erhoben und im weiteren Verlauf des Bewerbungsverfahrens verarbeitet werden.

Weiterhin ist für viele Fälle die Einwilligung des Bewerbers notwendig, wobei berufliche Daten, die ohnehin unter Verwendung allgemein zugänglicher Suchmaschinen, Webseiten oder Foren aufrufbar sind, in der Regel auch ohne Zustimmung des Bewerbers verwertet werden dürfen. Dies gilt zumindest dann, wenn das schutzwürdige Interesse des Bewerbers an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung gegenüber dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers nicht offensichtlich überwiegt. Bei Portalen, die eine Anmeldung erfordern, ist dies jedoch nicht der Fall. Bei privaten sozialen Netzwerken dürfte das schutzwürdige Interesse des Bewerbers regelmäßig überwiegen.

Wird der Social-Media-Check über Dritte vorgenommen, so hat der Arbeitgeber gegenüber dem Bewerber eine Informationspflicht (Art. 14 DSGVO)

Betriebsratsbeteiligung: Mitbestimmung im Auswahlprozess

Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einstellung neuer Mitarbeiter. Dies beinhaltet das Recht zur Anhörung vor jeder Einstellung, Einsicht in Bewerbungsunterlagen und Informationen über die geplante Maßnahme. Unter bestimmten Bedingungen kann der Betriebsrat einer Einstellung widersprechen.

Der Betriebsrat ist auch bei der Erarbeitung von Personalfragebögen und Auswahlrichtlinien für Einstellungen zu beteiligen.

Rückgabe von Bewerbungsunterlagen

Arbeitgeber müssen angeforderte Bewerbungsunterlagen zurückgeben, wenn sie kein Interesse an der Bewerbung haben. Die Kosten hierfür trägt der Arbeitgeber. In Ausnahmefällen können Unterlagen mit Zustimmung des Bewerbers beim Unternehmen verbleiben.

Bei Initiativbewerbungen ist die Rücksendung nur dann erforderlich, wenn ein frankierter Rückumschlag beiliegt, es ist jedoch üblich, dass Unterlagen von Initiativbewerbungen in jedem Fall retourniert werden.

Bei elektronischen Unterlagen ist es wichtig zu beachten, dass der Bewerber einen Anspruch auf Vernichtung der Unterlagen hat, wenn die Bewerbung erfolglos war.

Eine Aufbewahrung sollte jedoch für ca. drei Monate nach erteilter Absage erfolgen, weil es innerhalb dieser Zeit möglich wäre, Ansprüche nach dem AGG in Zusammenhang mit der Bewerbung geltend zu machen.

Letzte Änderung: 01.03.2024

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