Rückwirkende Kürzung des Stundensatzes?

Betreuungsrecht

Vorliegend war der Betroffene mit Beschluss des Notariats - Vormundschaftsgericht zum Betreuer bestellt worden. Seinem ersten Vergütungsantrag wurde mit Auszahlungsanordnung des Notars entsprochen. Den Vergütungsfestsetzungsanträgen wurde vom Vormundschaftsgericht in voller Höhe entsprochen und die Vergütung mit einem Stundenansatz von 44 Euro zahlbar gemacht. Jahre später sollte dann gem. § 56g Abs. 1 FGG die Festsetzung der aus der Staatskasse zu begleichenden Vergütungsansprüche deutlich (Stundensatz von 27 Euro) gekürzt werden und ein Rückforderungsanspruchs der Staatskasse festgestellt werden, da die pauschale Vergütung bisher lediglich im Verwaltungsweg der Zahlbarmachung angewiesen worden sei und somit noch keine förmliche Festsetzung vorlag. Der Stundensatz sollte gekürzt werden, da mangels Vorliegen der entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen ein Stundensatz von 44 Euro nicht in Betracht komme. Der Betreuer durfte jedoch darauf vertrauen, dass das Vormundschaftsgericht mit dem geforderten Stundensatz einverstanden war und keine nachträgliche Rückzahlung verlangt werden würde, da in keinem Fall Bedenken hinsichtlich der Höhe des Stundensatzes geäußert wurden.

Da die Vergütungsfestsetzung durch das Vormundschaftsgericht erfolgt, hat zunächst dieses selbstverantwortlich zu prüfen, welcher Stundensatz dem antragstellenden Betreuer aufgrund seiner Qualifikation nach § 4 VBVG zusteht. Es stellt sich die Frage, ob dieser Kostengesichtspunkt nicht bereits bei Bestellung eines bestimmten Betreuers als Berufsbetreuer mit diesem und der Staatskasse abgeklärt werden sollte. Es ist davon auszugehen, dass auch dem Vormundschaftsgericht die Problematik der Einordnung der verschiedenen Berufsabschlüsse bekannt ist, so dass der Vormundschaftsrichter jedenfalls in Zweifelsfällen wie dem vorliegenden vor der Zahlbarmachung eine Stellungnahme des Bezirksrevisors einholt und den Betreuer nicht in dem Glauben lässt, zumindest das Vormundschaftsgericht halte die von ihm beanspruchte Vergütung für gerechtfertigt, während eine Prüfung in Wirklichkeit gar nicht stattgefunden hat. Andere Absprachen zwischen dem Bezirksrevisor und dem Vormundschaftsgericht dürfen nicht zu Lasten des Betreuers gehen.

Da von den jeweils zuständigen Vormundschaftsgerichten in zahlreichen weiteren Verfahren überwiegend in derselben Weise vorgegangen worden ist, ohne dass bis zu den Anträgen des Bezirksrevisors Bedenken geäußert worden wären, vielmehr eine Auszahlung immer in der beantragten Höhe erfolgt ist, ist es treuwidrig, wenn sich die Vormundschaftsgerichte entsprechend den Anträgen der Staatskasse nunmehr darauf berufen, dass keine Festsetzungsbeschlüsse ergangen sind, sondern nur eine auch nachträglich abänderbare Zahlbarmachung im Verwaltungsweg. Im Hinblick auf die Mehrzahl der Verfahren durfte der Betreuer darauf vertrauen, dass die Vormundschaftsgerichte mit dem von ihm beanspruchten Stundensatz einverstanden sind.

Andernfalls hätte der Betreuer prüfen können, ob er die an ihn herangetragene Betreuung zu dem ihm zugebilligten Stundensatz von 27 Euro übernehmen wollte, zumal es sich dabei auch um rechtlich oder tatsächlich schwierige Betreuungen handelte und er deshalb davon ausgehen konnte, dass sich die Vormundschaftsgerichte, die ihn als Betreuer ausgewählt haben, seine Erfahrung nutzbar machen wollten.


OLG Stuttgart, 30.08.2010 - Az: 8 W 312/10

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