Das LAG Hamm hat über die ersten 9 von insgesamt rund 60 Berufungsverfahren verhandelt, deren Gegenstand die richtige Berechnung der
Abfindungen schwerbehinderter Beschäftigter war, die wegen der Einstellung der PKW-Produktion am Opel-Standort Bochum ihren Arbeitsplatz verloren haben.
Das Arbeitsgericht Bochum hatte den jeweiligen Klägern im Herbst 2015 Abfindungen in der Höhe zugesprochen, wie sie sich ohne Berücksichtigung der mit der Schwerbehinderung verbundenen Möglichkeit des frühzeitigen Renteneintritts nach der Formel eines im Übrigen für wirksam erachteten Sozialtarifvertrages ergeben hätten. Damit stiegen die individuellen Abfindungsleistungen teils um mittlere fünfstellige Beträge.
Das von der Adam Opel AG gegen die Entscheidungen des Arbeitsgerichts Bochum aufgerufene Rechtsmittel der Berufung blieb in allen 9 Fällen in der Sache ohne Erfolg.
In ihrer kurzen Urteilsbegründung nach Verkündung der Entscheidungen am Schluss der Sitzung ließ die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm erkennen, dass sie in der Berechnung der Abfindungshöhe unter Berücksichtigung der vorzeitigen Rentenbezugsmöglichkeit für schwerbehinderte Beschäftigte eine unzulässige mittelbare Benachteiligung wegen der Behinderung sieht. Diese sei sachlich nicht gerechtfertigt.
Die Kläger könnten daher - wie vom Arbeitsgericht entschieden - eine Anpassung der Abfindung nach oben verlangen.
Das Gesamtvolumen des Sozialtarifvertrages von rund 550 Mio. € werde durch die Anpassung der Abfindungsbeträge für schwerbehinderte Beschäftigte zwar um rund 17 Mio. € überschritten. Dies stelle sich jedoch in der Relation noch als hinnehmbare Erhöhung dar.
Das LAG Hamm sieht sich mit dieser Entscheidung auf der Linie des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, 06.12.2012 - Az:
C-152/11) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG, 17.11.2015 - Az:
1 AZR 938/13), deren dortige Erwägungen in Teilen übertragen werden könnten.